Ob Medienansprache, Kampagnenstart oder Krisenkommunikation – früher oder später stehen fast alle Kommunikationsverantwortlichen in Unternehmen vor der Frage: Arbeiten wir besser mit einer Agentur oder einem freien Berater zusammen? Beide Modelle haben ihre Vorteile. Welches sich am Ende auszahlt, hängt von Ziel, Budget und interner Situation ab.
Agenturen bieten häufig beides: strategische Beratung und ein Team, das Texte, Designs und Social-Media-Inhalte liefert. Gerade bei umfangreichen Maßnahmen oder wenn viele Leistungen parallel gefragt sind, ist das ein klarer Vorteil. Doch nicht immer ist die volle Bandbreite notwendig.
Freie Berater und Freelancer unterscheiden sich stark in ihrem Angebot. Es gibt Berater mit thematischen Schwerpunkten oder mit Fokus auf Umsetzung, die medienspezifisch sein kann, zum Beispiel für Texte, Pressearbeit oder Social Media. Je erfahrener der Berater oder die Beraterin ist, desto strategischer fällt meist auch die Beratung aus.
Kommunikationsverantwortliche sollten sich daher fragen: Wie viel Beratung brauche ich? Wie viel operative Umsetzung? Und wenn ich Beratung benötige, nehme ich eine Agentur oder suche ich gezielt nach einem erfahrenen Berater? Je klarer das Ziel ist, desto präziser können Kommunikatoren den Bedarf für externe Unterstützung definieren und die richtige Wahl treffen.
Fehlt Expertise oder Kapazität?
Wer mit ESG-Reporting, Pressearbeit oder Krisenkommunikation Neuland betritt, braucht externe Expertise. Gute Agenturen bringen Spezialisten mit, die auch für komplexe Themen auf Abruf bereitstehen. Dafür eignen sich auch freie Beraterinnen und Berater. Oft sind sie spezialisierter aufgestellt als eine Agentur mit breitem Portfolio. Zudem arbeiten viele freie Berater in Netzwerken, so dass auch Leistungen anderer Gewerke angeboten werden können. Allerdings sind solche Berater schwer zu finden.
Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Arbeitslast: Brauche ich Verstärkung für Texte, Reden, Präsentationen oder Presseansprache? Wer dafür eine zuverlässige „verlängerte Werkbank“ sucht, kann bei Agenturen und freien Beratern fündig werden. Es gilt zu bedenken: Agenturen arbeiten arbeitsteilig. Das bringt Breite, aber auch Briefing- und Koordinationsaufwand mit sich. Soll eine Person bei der Agentur die Koordination
übernehmen, kostet es dort zusätzlich Zeit und damit Geld. Freie Berater arbeiten die verschiedenen Aufgaben meist selbst ab und können daher schneller liefern.
Wie viel Budget?
Ein entscheidender Faktor ist das Geld. Denn: Budgets unter 5.000 Euro im Monat gelten bei größeren Agenturen als Kleinkundenvolumen – mit entsprechenden Konsequenzen. Bei kleineren Etats sind die erfahrenen Spezialistinnen und Spezialisten meist nur begrenzt in Beratung und Umsetzung involviert. Das liegt nicht am mangelnden Willen, sondern an betriebswirtschaftlichen Zwängen. Die Senior-Berater in Agenturen betreuen mitunter zehn Kunden gleichzeitig und sehr große Etats. Die operative Arbeit wird auf Junior-Ebene erledigt, um profitabel zu sein. Wenn zudem Investoren oder Alt-Gesellschafter an der Agentur beteiligt sind, müssen die Einnahmen entsprechend hoch sein. Das reduziert Spielräume für Honorar-Verhandlungen.
Bei freien Beratern sieht das anders aus. Sie sind meist günstiger, weil sie ohne Overhead arbeiten. Gleichzeitig ist Chef-Beratung durch die Spezialistin oder den Spezialisten immer gegeben. Einen personellen Unterbau mit Junior-Beratern gibt es nicht.
„Indem ich nur wenige Kunden gleichzeitig betreue, kann ich mich voll auf ihre Anliegen konzentrieren und hochwertige Qualität liefern“, sagt Petra Menath, freie Beraterin, die auf die Kommunikation der Themen rund um Bauen, Wohnen und Architektur spezialisiert ist. „Das ermöglicht mir, mich tief in die Themen meiner Kunden einzuarbeiten und optimale Strategien für eine erfolgreiche Presse- und Medienarbeit zu entwickeln und umzusetzen.“
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Langfristig oder projektweise?
Wer regelmäßig externe PR-Unterstützung braucht, sollte über einen Jahresvertrag mit Retainer – also eine Vereinbarung mit festen monatlichen Zahlungen – nachdenken – gerade bei freien Beratern. Das schafft Planungssicherheit auf beiden Seiten. Für das beauftragende Unternehmen bedeutet das: verlässliche Kapazität, schnelle Reaktion, tiefes Verständnis der Themen. Für Selbstständige ist es eine Absicherung in einem unsicheren Markt. Damit eröffnen sich für Unternehmen auch Verhandlungsspielräume beim Honorar.
„Ich arbeite seit geraumer Zeit mit einem freien Berater zusammen und fühle mich damit sehr gut aufgehoben. Vor allem schätze ich das strategische Sparring und die Tiefe, mit der er sich auf unser Unternehmen und die komplexen Branchenthemen einlässt. In der Zusammenarbeit mit Agenturen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Qualität der Betreuung leider oftmals von der Größe des Budgets abhängt. Das ist hier nicht der Fall und deshalb für mich die ideale Lösung“, sagt Verena Gummich, Leiterin Unternehmenskommunikation beim regionalen Netzanbieter NetCologne.
Die Tabelle zeigt einen Überblick über die Kriterien, die freie Berater und Agenturen für Kommunikationsverantwortliche in Organisationen erfüllen oder nicht. © Thomas Stein und Michael Chris Schmitt; Bearbeitung Quadriga Media
Wie finde ich passende freie Berater?
Neben Empfehlungen aus dem eigenen Netzwerk oder einer Recherche bei Linkedin, lohnt ein Blick in den Deutschen PR-Verband DPRG. Dort gibt es seit einigen Jahren ein Netzwerk freier PR-Beraterinnen und Berater mit unterschiedlichen, Expertisen und Angeboten. Die Beraterinnen und Berater im Netzwerk tauschen sich zudem regelmäßig zu aktuellen Kommunikations- und Organisationsthemen aus. Wer dort anfragt, trifft auf ein breites Spektrum an Experten und erhält engagierte und fachlich fundierte Unterstützung.
„Vor allem im digitalen Bereich arbeiten wir mit Agenturen zusammen. Die Anforderungen hier sind vielseitig, die digitalen Kampagnen komplex und sie bedingen sich gegenseitig. Darum brauchen wir die unterschiedlichen Kompetenzen aus den Agenturen und bekommen sie hier aus einer Hand“, sagt Jana Kerkhoff, Senior Expert Marketing bei Va-Q-tec, ein Anbieter von Hochleistungsdämmstoffen und Thermo-Transportverpackungen aus Würzburg. „Für die Unternehmenskommunikation und Pressearbeit unterstützt mich ein freier Berater. Der bringt eine breite Expertise mit und viel Erfahrung im Umgang mit Journalistinnen und Journalisten. Außerdem schätze ich den kurzen Kommunikationsweg. Alle Informationen, die ich an ihn gebe, werden in der Umsetzung direkt aufgegriffen.“
Ob Agentur oder freier Berater: Die Entscheidung hängt von der individuellen und aktuellen Situation im Unternehmen ab. Nur wer klar analysiert, was er oder sie an Unterstützung und Expertise braucht, kann den richtigen Partner finden. Und manchmal ist die clevere Kombination aus beidem der ideale Weg.